28.12.2013

Meine Migrationsgeschichte


Welchen Ursprung hat dein Familienname?


Ich heiße mit Nachnamen Yiğit. Mein Nachname hat eigentlich einen türkischen Ursprung, aber er ist weit verbreitet und es gibt sogar Syrer, die diesen Familiennamen haben. Es gibt eine kleine Geschichte zu meinem Nachnamen, die von Generation zu Generation weitererzählt wird. Das ist der Grund wieso jeder in meiner Familie weiß wieso wir so heißen. Das Wort Yiğit ist sowohl ein Adjektiv sowie ein Nomen. Es wird als Nachname und auch als Vorname verwendet. Übersetzt heißt es als Adjektiv: tapfer, mutig und als Nomen: Held, Recke. Also wenn jemand Yiğit Yiğit heißt, dann bedeutet das übersetzt soviel wie: tapferer Held.

Früher zur Zeit Atatürks (Begründer der modernen Republik Türkei) gab es sehr viele Ringkämpfe. Der Ringkampf ist eine Sportart, die als Nationalsport der Türkei gilt. Ein Vorfahre von mir war Ringer und er war sehr mutig und hat jede Herausforderung angenommen und galt als Held. Nur wenige Menschen hatten die Ehre ihren Nachnamen von Atatürk zu bekommen und der Ringer war einer davon und Atatürk verlieh ihm den Nachnamen: Yiğit. Ich habe sehr viel im Internet recherchiert und dieselbe Geschichte gefunden und sogar noch mehr nämlich den bzw. die Vornamen meines Vorfahren: Ibrahim Süreyya.
Mein Familienname hat sogar eine Wikipediaseite, aber da steht nicht sonderlich viel. Dort wurden die Namen berühmter Personen, die denselben Namen haben, aufgelistet. Es steht auch, dass der Name außerhalb des türkischen Sprachraums auch in einer anderen Schreibweise zu finden ist nämlich so: Yigit. Im türkischen gibt es ein g mit einem bogen drüber. Dies ist soviel wie ein stummes g, also liest man meinen Nachnamen eigentlich so: Yiit.


Wie verläuft die Wanderungsgeschichte deiner Familie über die Generationen hinweg?


Aufgrund eines Mangels an Arbeitskräften in Österreich während der wirtschaftlichen Blütezeit bis zum Ende der 60er Jahre, entschied sich die damalige österreichische Bundesregierung unter Josef Klaus für die Anwerbung türkischer Gastarbeiter. 1964 wurde eine bilaterale Vereinbarung mit der Türkei geschlossen. Niemand hat damit gerechnet, dass die Arbeiter sich in Österreich niederlassen und eine Familie gründen würden. Als dies der Fall war, wurde die Anwerbung weiterer Gastarbeiter in den 1970er Jahren gestoppt. Der Bruder von meinem Opa hat eine Einladung bekommen um hier als Gastarbeiter zu arbeiten, also ist er nach Wien gekommen und hat meinen Opa 1969 als Tourist hergebracht. Es hat meinem Opa in Österreich sehr gefallen und er hat beschlossen hier zu bleiben. Seine ganze Familie war in der Türkei und er hat alle nacheinander hergebracht. Zuerst kam mein Onkel, das war im Jahre 1980 und 1986 kam mein Vater. Mein Vater hat in einer Junggesellenbude gewohnt, wo er sehr viele Menschen kennengelernt hat. Und so ging es weiter meine Oma war die letzte, die nach Wien kam, jedoch gefiel es meinem Onkel hier nicht, weil er einfach Probleme damit hatte eine andere Sprache zu lernen und allein das Einkaufen bereitete ihnen große Schwierigkeiten. Wenn mein Vater mir die Geschichten erzählt, kann ich nicht aufhören zu lachen. Eigentlich ist es recht traurig, aber solange mein Vater drüber lachen kann, kann ich das auch.
Meine Mutter ist viel später nach Wien gekommen. Mein Opa mütterlicherseits ist Holländer und hat in Holland gelebt und war mit einer Holländerin verheiratet. Er hat mir immer erzählt, dass er sie nie geliebt hat und nie wusste wieso sie überhaupt geheiratet haben. Er hat immer gesagt, dass er nie darüber nachgedacht hat. Jahre danach ist er in die Türkei gekommen und hat meine Oma kennengelernt und sich in sie verliebt. Seine Frau hat sich geweigert sich von ihm scheiden zu lassen, weshalb mein Opa einfach bei meiner Oma geblieben ist, ohne mit ihr verheiratet zu sein. Sie bekamen 6 uneheliche Kinder. Erst vor ungefähr 4 Jahren ist die Ehefrau meines Opas gestorben und er konnte meine Oma heiraten.
Als mein Vater auf einer Hochzeit war, hat er einen Mann kennengelernt und sie haben sich lange unterhalten, dann hat mein Vater meine Mutter gesehen und den Mann gefragt wer sie ist und herausgefunden, dass sie die Schwester von dem Mann ist. Meine Eltern haben geheiratet, aber meine Mutter ist in der Türkei geblieben. 1993 kam sie nach Wien. 1994 kam mein Bruder auf die Welt und mein Vater war österreichischer Staatsbürger und meine Mutter türkische Staatsbürgerin, deshalb konnten sie entscheiden welche Staatsbürgerschaft er annehmen soll. Sie entschieden sich für die Türkische, weil sie vorhatten wieder in ihr Heimatland zurückzukehren. Als ich 1997 gegen den Willen meines Vaters auf die Welt kam, machte ich ihnen einen Strich durch die Rechnung und sie mussten bleiben, weshalb ich dann die österreichische Staatsbürgerschaft bekam. 10 Jahre danach machte meine Mutter eine Prüfung, damit sowohl sie als auch mein Bruder die Staatsbürgerschaft bekommen konnten und bestand diese.

Welche Gründe bzw. Motive bewegten diese Menschen zu einer Migration?
Im Grunde gesehen habe ich diese Frage schon beantwortet, aber zusammenfassend kann ich sagen, dass Österreich Arbeiter gebraucht hat, weshalb der Bruder von meinem Opa herkam. Mein Opa kam als Tourist und wollte hier bleiben. Er bekam in Wien mehr Geld als in der Türkei und schickte es seiner Familie, die in der Türkei war. Einer nach dem Anderen kam dann nach Wien und viele kehrten wieder zurück. Nur mein Vater und sein jüngerer Bruder blieben, wobei wir auf Grund von familiären Problemen keinen Kontakt zu ihm haben. Nach dem Tod von meinem Opa gab es für meine Oma keinen Grund mehr in Wien zu bleiben, weil sie in der Türkei ihr eigenes Haus hat und ihr Sohn sich um sie kümmert, also kehrte sie zurück. Meine Mutter ist nur wegen meinem Vater hierher gezogen. Im Grunde gesehen waren die meisten Menschen hier nur wegen einer anderen Person.

Was hat sich durch die Migration im Leben deiner Familie verändert?

Es hat sich sehr viel verändert, sowohl im guten als auch im schlechten Sinne. Mein Vater hatte als Kind alles was er wollte. Er und seine Familie haben in einem Dorf gelebt und mein Vater war eines der reichsten Kinder. Als sein Vater begonnen hat in Wien zu arbeiten und seiner Familie Geld zu schicken waren sie noch reicher, weil sein Vater dort mehr verdient hat als er im Dorf verdient hat. Sie hatten 2 Häuser, einen Stall mit sehr vielen Tieren, 2 Hunde, Katzen usw.. Hätte sich mein Vater nicht vom Erbe zurückgezogen, wäre ich jetzt Besitzerin von einigen Feldern und wenn ich die verkaufen würde, müsste ich nie arbeiten.
Als mein Vater dann nach Wien gekommen ist, musste er von Null anfangen. Er hatte absolut gar nichts und mein Opa hat ihn in keinster Weise unterstützt. Dadurch hat mein Vater Unabhängigkeit und Zielstrebigkeit gelernt. Das Problem war nur, dass meine Mutter dann schwanger wurde und mein Vater nicht wusste, ob er ein Kind großziehen kann, weil er keine finanzielle Unterstützung hatte. Als Kind hatte ich nicht viel, aber ich wollte auch nichts, weil ich es sowieso nicht gewohnt war ständig etwas zu bekommen. Ich war immer glücklich mit dem was ich hatte, aber dafür bekomme ich jetzt alles was ich möchte. Ich denke nicht, dass Jugendliche in meinem Alter jeden Monat ein Goldstück geschenkt bekommen. Wenn mein Vater nicht nach Österreich gezogen wäre, dann würde es uns nicht so gut gehen wie jetzt. Ich liebe es so viel Freiheit zu haben und auch so viele Möglichkeiten. Ich kann meine Ferien dort verbringen wo ich möchte, ich habe eine sehr gute Schulbildung und von der Medizin brauch ich erst gar nicht anfangen. In der Türkei wartet man -nicht übertrieben- 3 Stunden auf die Ambulanz und dann bringt sie noch 2 Personen mit, die sie unterwegs angefahren hat.

Was könnte dich dazu veranlassen, länger im Ausland zu leben oder zu bleiben? Unterscheiden sich diese Motive von jenen der Menschen, die nach Österreich migrieren?

Wenn mir jemand im Ausland meinen Traumjob anbieten würde, dann wäre das für mich ein Grund zumindest einmal zu überlegen im Ausland zu bleiben. Ich wollte schon immer in einem anderen Land als meine Eltern wohnen. Nicht dass ich was gegen sie habe, aber es tut mir einfach gut Abstand von Menschen zu nehmen, denen ich Nahe stehe. Das war bei mir schon immer so, aber niemand kann das so wirklich nachvollziehen. Der Wunsch nach Distanz von gewissen Personen wäre ein Anlass um im Ausland zu bleiben.
Meine Motive unterscheiden sich bei weitem von den anderen Migranten. Ich migriere aus ,,egoistischen Gründen" und es geht mir nur um meinen eigenen Luxus, wobei andere Menschen migrieren, weil sie einfach keine andere Wahl haben. Manche heiraten und müssen ihrem Partner zuliebe in einem anderen Land wohnen und andere wegen Kriegen in ihrer Heimat, aber ich habe die Wahl und das ist ein riesiger Unterschied.

In welche Länder würdest du bevorzugt auswandern? Warum?

Ich würde nach Australien, England oder Amerika auswandern, weil das sehr schöne Länder sind und ich müsste keine neue Sprache lernen.



1. Beurteilungsraster

Beurteilungskriterium
Abstufungen
Recherchentiefe
sehr ausführlich
ausführlich
ausreichend
minimalistisch
zu wenig
Beantwortung der Fragen
sehr ausführlich
ausführlich
ausreichend
minimalistisch
zu wenig
Persönliche Reflexion
sehr ausführlich
ausführlich
ausreichend
minimalistisch
zu wenig

2. Persönlicher Kommentar

Ich habe sehr viel recherchiert, aber im Prinzip wusste ich das alles sowieso, es war lediglich eine Bestätigung. Ich habe eigentlich noch viel mehr herausgefunden, aber ich habe es nicht dazu geschrieben. Zum Beispiel habe ich gelesen, dass mein Nachname sehr viel mit meinem Charakter zu tun hat. Ich hab das zuerst nicht glauben wollen und mir gedacht so ein Blödsinn, aber als ich dann weitergelesen hab, hab ich mich in den Zeilen wiedergefunden. Ich dachte, dass das nur zufällig zu mir passt, aber es passt zu absolut jedem aus meiner Familie. Es steht, dass wir sehr in der Vergangenheit leben und all die schlimmen Dinge nicht einfach vergessen können. Dass wir unheimlich stur sind (ich dachte schon, dass das in den Genen liegt) und innerlich sehr verletzlich sind, aber wir Probleme haben, anderen Menschen unsere Gefühle zu zeigen. Ich zum Beispiel zeige meine Zuneigung nicht mit Umarmungen, weil es mir schwer fällt. Bis jetzt ist mir noch nie aufgefallen, dass jeder in meiner Familie dieselben Charakterzüge hat. Ich finde, dass mir der Beitrag sehr gut gelungen ist, weil ich auch alles vom türkischen und holländischen ins Deutsche übersetzen musste und man kann nicht sagen, dass ich fließend holländisch spreche.



2 Kommentare:

  1. Seas Yasi :)
    Auch wie du hab ich meine Migrationsgeschichte beschrieben. Ich fand deine Geschichte wirklich interessant. Das Yigit ja Held und tapfer und so heißt habe ich in der Schule ja schon von dir erfahren gell? Finde ich auch jetzt noch immer cool. Ich weiß gar nicht was mein Name bedeutet haha. Ich fand auch sehr interessant, dass du eig zu einem kleinen Teil Holländerin bist oder? Das hab ich nie gewusst.
    Auch wie du würde ich überlegen ins Ausland zu ziehen wenn ich dort meinen Traumjob finden würde und eins der Länder in die ich fliegen würde wäre auch Amerika. Wir sind ja beide kleine Englischfreaks. Schlussendlich hab ich mich für Japan entschieden hahahah.
    Also im Allgemeinen find ich du hast sehr gut gearbeitet. Sehr detailliert und informationsreich. dein Selbstkriterium passt find ich auch genau. Ich würde es auch so ausfüllen bei dir. Ich habs genossen deine Geschichte zu lesen und hab so wieder viel mehr über dich gelernt :D <3

    AntwortenLöschen
  2. Liebe Yasemin,
    WOW! Dein Beirtag ist wirklich sehr interessant zu lesen! Du hast dich wirklich informiert und deine Familiengeschichte sehr ausführlich geschildert. Danke, dass du diese persönlichen Informationen mit allen teilst! Wirklich toll gemacht!

    AntwortenLöschen

Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.