14.05.2014

Was bedeutet Armut für mich?

Armut ist für mich ein vielseitig definierbarer Begriff. Ist man arm, wenn man arbeitslos ist? Ist Armsein, wenn sich die Einnahmen mit den Ausgaben decken oder diese gar übersteigen? Ist ein armer Mensch jemand, der nicht Er selbst ist? Der sich eine Identität aufbaut, die gar nicht dem Seinen gleicht? Gut, lass mich „Armut“ mal googeln… 3.530.000 Ergebnisse binnen weniger als einer Sekunde - und natürlich gleich der erste Beitrag ist der der freien Enzyklopädie „Wikipedia“:
Armut bezeichnet primär mangelnde Befriedigung von Grundbedürfnissen wie Kleidung, Nahrung, Wohnung, Gesundheit. Im weiteren und übertragenen (metaphorischen) Sinn ist Armut allgemein ein Mangel. Der Inhalt des Begriffes basiert auf subjektiven und zum Teil höchst emotionalen und kulturell geprägten Wertvorstellungen.

Armut ist in meinen Augen nicht, sich „kein Telefon besitzen oder sich leisten können“, „kein Fahrzeug zu leisten“ oder einen „Urlaub daheim zu verbringen“ (laut Umfrage von der APA). Armut ist allein zu sein, auf der Straße, ohne einen Cent in der Tasche und ohne einem zu Hause. Denn die Straßen sind das einzige, das armen Menschen bleibt – Straßen sind ihr Heim und die Menschen um ihnen herum, ihr größter Feind.

Wo gibt es Armut in meiner Lebenswelt?
Wir alle werden täglich mit Armut konfrontiert. Sei es der nervige Augustin–Verkäufer in den frühen Stunden bei der U-Bahnstation oder ein Bettler auf der Straße. Ob Sommer oder Winter, arme Menschen sieht man überall und nirgendwo. Vor allem in der Innenstadt kann man die wachsende Schere zwischen Arm und Reich gut beobachten: Immer mehr wohlhabende Leute treiben sich in den angesehendsten Geschäften Wiens herum - mit ihrem Wachstum steigt auch die Bettleranzahl auf den Straßen. Doch ist man nicht machtlos gegen all diese offensichtliche Armut?
Es ist schwer zu sagen, welche Menschen als arm bezeichnet werden können. Zwar leben wir in Österreich, und all dies sehen wir in Wien, aber die Meisten, die hier in Armut leben, müssen ja garnicht die eigenen Einwohner sein? Oftmals, an einem Nachmittag in der Stadt erblickt man viele notbedürftige Menschen – die Einen stammen von einer „Bettelorganisation“, andere wiederum benötigen wirkliche Hilfe. Doch auch auf Werbungen oder in den Medien wird oft verdeutlicht, was es heißt arm zu sein. Mit Existenzangst zu leben und nicht zu wissen, ob man den morgigen Tag überleben wird oder überhaupt überleben will. Wenn man doch schon nichts mehr hat und sich als Nichts im Leben sieht, will man dann noch weiterleben? Dafür sollte man all die Hilfsorganisationen – die nicht unnötigerweise überall beworben werden – beachten und nicht nur als „Unsinn“ ansehen.
Wie gehe ich mit offensichtlicher Armut z.B. auf der Straße um?
Ich muss ehrlich sein - ich nehme die meisten armen Menschen gar nicht mehr war (und ich denke ich bin nicht die Einzige, die das so sieht). So kalt das jetzt auch klingen mag, aber ich kann nicht jeden Tag für jeden einzelnen armen Menschen, den ich auf der Straße begegne, Mitleid zeigen. Das würde mich jedes Mal traurig stimmen. Ein anderes Mal erlebe ich mich selbst in einer Situation, in der ich nicht richtig weiß, wie ich umgehen soll. Vor einiger Zeit war ich mit meiner Cousine und meinem Freund in der Stadt. Es hat angefangen zu regnen und wir hatten alle einen Regenschirm und warme Kleidung. Plötzlich schrie meine Bekannte auf und geriet in Panik. Sie schnappte ihre Tasche und suchte ihr ganzes Kleingeld auf, bis ich bemerkte, wofür sie das jetzt brauchte. Sie lief zu einem Bettler hin. Der Mann war mir schon oft aufgefallen in der Stadt, da er zu jeder Jahreszeit Barfuß, auf einem Pappkarton und, was ungewöhnlich für einen älteren Mann war, ein kleines Stofftier (einen Bären) in der Hand hielt. Ich beobachtete seine zerrissenen, kaum vorhanden Klamotten und seine schief sitzende, schmutzige Brille. Ich entwickelte Mitleid und fragte mich: „Welchen Grund brachte ihn in die jetzige Situation, in der er sich jetzt befindet?“ Mir fiel ein, dass ich ein neues paar Socken in meiner Tasche hatte, ich nahm sie heraus und gab es dem Bedürftigen. Mein letztes Kleingeld legte ich in seinen kleinen Becher neben ihm.
Wieso erzähle ich das? Es ist schwierig, blind durch die Straßen Wiens zu laufen und alles um sich zu verblenden – all das Unschöne, das man vielleicht nicht sehen möchte. Und auch wenn man es nicht sehen will, spürt man all die Armut, die in Wien herrscht. Sie ist unübersehbar. Man kann aber auch nicht alle davon befreien oder etwas Großes an der Situation ändern, denn es bedarf weitaus mehr als nur eine kleine Spende. Wie auch ich einige Tage nach meiner Begegnung bemerkte: Der Bettler saß am selben Ort, zur selben Jahreszeit und hatte auch nicht meine geschenkten Socken an.

Socken hin oder her – dieser Mann wird weiterhin da sitzen, weil es seine Endstation ist. Solang jeder nur zusieht, wie er all die Stunden auf dem Boden verbringt, wird er nie wissen, wie es sich anfühlt oben zu sein. Mitten in der Gesellschaft und nicht abgestempelt, als ein Mitglied der Gesellschaft am Rande.
Von einem Bettelverbot halte ich persönlich nicht viel. Die Leute sollen machen was sie wollen, es regt sich ja nicht aktiv jemand über die Bettler auf. Und auch wenn so ein Gesetz eingeführt werden sollte - was ändert das? Sie haben weder die nötigen Mittel, um die Strafen zu bezahlen, noch etwas dagegen einzuwenden. Schlechter kann es ja für sie nicht werden. Da zahlt der Steuerzahler nur mehr drauf. Mal davon abgesehen, dass es sowieso nicht eingeführt wird...

Die Essensbusse der Caritas


Jeden Abend, auch am Wochenende und an Feiertagen, sind der Canisi- und der Fancescobus, die beiden Essensbusse der Caritas, in Wien unterwegs, um den Menschen eine heiße Suppe und Brot zu bringen. Vor allem im Winter wärmen sich Obdachlose gerne bei den Ehrenamtlichen Mitarbeitern der Caritas auf, um die Kälte etwas erträglicher zu machen. So wurden 2012 um die 90.000 Teller „serviert“. Die Suppe wird täglich frisch gekocht, dann in die Busse verladen und direkt zu den Menschen gebracht, und das 365 Tage im Jahr. Der Bus hält am späten Abend an acht wichtigen Knotenpunkten Wiens, so beispielsweise am Karlsplatz, am Westbahnhof oder auch am Schottentor. Damit kann auch eine relativ hohe Stadtfläche abgedeckt werden.

Weitere Infos können unter www.caritas-wien.at nachgelesen werden.

Ich hätte kein Problem dieser Initiate tatkräftig unter die Hand zu greifen. Gute Ideen dieses Ausmaßes sollten auch unterstützt werden. Leider steht das für mich so kurz vor der Matura außer Frage, da es mit der Freizeit nur noch schlechter wird. Im Studium sollte ich dann etwas mehr Zeit dafür haben, für das Gemeinwohl dann auch mal zur Tat zu schreiten. Aber nicht nur ehrenamtliche Dienste sind mir ein Anliegen, z.B. auch das Blutspenden ist ein wichtiger Teil, um auch etwas zurückgeben zu dürfen.




Beurteilungsraster:

Auseinandersetzung mit Armut: sehr ausführlich

Reflexion Bettelverbot: ausführlich

Analyse Initiative: ausführlich


Persönlicher Kommentar

Das Thema war zwar nicht einfach zu bearbeiten und es kam auch vor, dass ich mich auch ein bisschen für meine Ansichten schämen musste (Stichwort: Obdachlose warnehmen), aber ich bin davon überzeugt, dass die Wahrheit bei soeiner (fast schon) Diskussion besser aufgehoben ist, weil es uns alle betrifft und wir täglich damit konfrontiert werden. Es könnte einfach jedem passieren auf einmal abzurutschen, aber Einsicht ist erst einmal der beste Weg zur Besserung. Ich werde jetzt öfters diese Konfrontation absichtlich suchen, um mich damit mehr zu befassen. Man muss ja nicht am eigenen Schicksal Schuld gehabt haben, viele Obdachlose sind auf der Straße gelandet, weil sie zu alt für ihren gelernten Beruf sind. Deshalb sollte sich auch die Gesellschaft damit befassen und sich ein Beispiel an den skandinavischen Ländern nehmen. Dort wird viel mehr gegen Armut gemacht, und die Gesellschaft arbeitet aktiv mit. Ich denke ich habe die Aufgabenstellung ausführlich bis sehr ausführlich ausgearbeitet. Danke fürs lesen! :)

1 Kommentar:

  1. Liebe Marija,
    Du hast dich ausführlich mit dem Thema Armut in der Öffentlichkeit auseinander gesetzt, zum Bettelverbot hättest du vielleicht noch ein bisschen mehr schreiben können, denn dieses wurde in manchen Städten schon eingeführt bzw. manchmal dann wieder aufgehoben. Es ist also nicht so unwahrscheinlich, dass eine Gemeinde wieder darüber nachdenkt, wenn sich zunehmend Leute darüber aufregen.
    Mir geht es oft so wie dir. Ich glaube, solange man ein schlechtes Gewissen hat, heißt das, dass man doch noch weiß, dass es anderen schlechter geht als einem selbst und dieses Gefühl sollte man nicht verlieren. Gut gemacht!

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